Man muss schon genau hinsehen, um noch alle Inschriften entziffern zu können. Welche Geschichten verbergen sich hinter dieser "Metzelecke im Bürgerpark", wie manche Osnabrücker dieses Beet in der Nähe des Teiches nennen?
Die Gedenksteine an die sogenannten Befreiungskriege 1813-1815 (Kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den französischen Truppen des Kaisers Napoléon Bonapartes und den mitteleuropäischen Verbündeten) nehmen Bezug auf die entscheidende Völkerschlacht bei Leipzig (18. Oktober 1813) und die endgültige totale Niederlage Napoleons in der Schlacht bei Waterloo (18. Juni 1815).
Die Gedenksteine sind winzig im Vergleich zum "Waterlootor zu Osnabrück", das bereits 1817 an der Stelle des kurz zuvor abgerissenen Torgewölbes der ursprünglichen Stadtbefestigung errichtet wurde und deshalb meist auch Hegertor genannt wird.
Die beiden Gedenksteine im Bürgerpark wurden erst im Oktober 1863 bei der überall im Land stattfindenden 50-Jahres-Erinnerungsfeier zum Andenken an die beteiligten Osnabrücker in den Bürgerpark gesetzt, dazu wurden 2 Eichen gepflanzt. Fahnen, Fackeln, Kerzen, ein "Jubelkalender", ... In der Osnabrücker Stadtchronik wird berichtet, wie die Schulklassen am 17.10. mit Musikbegleitung vom Markt durchs Hegertor auf den Westerberg zogen und dort einen Holzstoß auftürmten. Glockenläuten und Zapfenstreich am Abend, am nächsten Morgen in aller Frühe Kanonenschüsse, ein Choral oben auf dem Marienkirchturm, überall Gottesdienste, dazu die damals typischen Lieder ("Ich hab' mich ergeben", "Nun danket alle Gott", "Was ist des Deutschen Vaterland?" und beim Abschluss der Festlichkeiten am brennenden Holzstoß "Flamme empor").
Zur 50-jährigen Waterloo-Erinnerungsfeier 2 Jahre später wurden dann zusätzlich die Schützenfeste wiederbelebt.
Große Feiern direkt im Bürgerpark aber gab es erst nach der Sedanschlacht vom 1. September 1870 im Deutsch-Französischem Krieg.
Auf einem Plan der Stadt Osnabrück von 1880 z.B. ist das Gebiet im Bürgerpark noch eindeutig als Sedanplatz benannt. Die Nationalfeiern allerdings führten schnell zu Unverträglichkeiten mit dem Krankenhausbetrieb. Die Stadt übernahm dann 1887 den Bürgerpark, dichte Anpflanzungen in Anstaltsnähe sollten das Volksfest hier verhindern, der Festplatz wird auf den Westerberg verlegt.
Um die Erinnerung an den Sedanplatz im Bürgerpark für alle Zeiten festzuhalten, verfügte der Bürgervorsteher Ernst Dettmer in seinem Testament die Aufstellung eines Gedenksteines (Ausführung am 12. August 1884).
Die Vorderseite mit der Aufschrift "Versailles 18. Januar 1871" soll an die Kaiserkrönung des preußischen Königs Wilhelm I. im Spiegelsaal des Schlosses Versailles erinnern, die Rückseite an die Sedanschlacht, die das Deutsche Kaiserreich erst ermöglichte.
Wir wissen inzwischen, wie die Geschichte weiterging. Nach der Demütigung der Franzosen durch die Kaiserproklamation in Versaille, war es nach dem 1. Weltkrieg das Deutsche Kaiserreich, das durch den Versailler Vertrag über die Maßen belastet wurde. Dies wiederum begünstigte die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland und führte in den grauenvollen 2. Weltkrieg.
Bleibt zu hoffen, dass diese unselige Kette für immer unterbrochen bleibt. Jedenfalls feierten Deutsche und Franzosen 2003 die 40-jährige Feier der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages nach dem 2. Weltkrieg gemeinsam in Versailles.
In diesem Sinne kann uns die "Metzelecke" im Bürgerpark als ein Mahnzeichen zur friedlichen gegenseitigen Verständigung dienen.
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